Das Forum Graphik auf dem 33. Deutschen Kunsthistorikertag

Am Dienstag, dem 24. März fand außerhalb des offiziellen Programms des Kongresses eine Podiumsdiskussion im Forum Graphik statt, die sich mit dem Wert dieses Mediums beschäftigte.

Sie wurde von Susanne Müller-Bechtel und Daniela Roberts moderiert, als Diskutanten waren Regina Doppelbauer von der Albertina in Wien (Digitalisierungsprojekt Sammlungen online), Stefan Morét von der Universität Göttingen (Leiter des Forschungsprojektes „Das Sammeln von Druckgraphik in der Frühen Neuzeit“), Ulrich Richtmeyer von der Universität Potsdam, der sich als Lehrender in der Medienwissenschaft mit philosophischen und kulturtheoretischen Fragestellungen v.a. im Hinblick auf Zeichnungen befasst, und Jeannette Stoschek, Leiterin der Graphischen Sammlung des Museums der Bildenden Künste in Leipzig geladen.

Für das Themengebiet Graphik, womit sowohl Zeichnungen als auch Druckgraphik, allgemein also Arbeiten auf Papier gemeint sind, kann die Frage der Wertigkeit auf mehreren Ebenen gestellt werden. Speziell der künstlerische Wert von Druckgraphik wurde und wird immer wieder in Frage gestellt. Der Graphikgelehrte Adam von Bartsch (1757-1821) schuf mit seiner Unterscheidung in Künstler- und Reproduktionsgraphik zwar praktische Sammelbegriffe, bewirkte aber damit ebenso die eher negative Wertung der letzteren. Dies wiederum hatte über lange Zeit ein Desinteresse der Forschung an diesem Gebiet zur Folge.1

Zeichnungen, die heute wieder eine Aufwertung durch die Forschung erfahren, werden dennoch oft im Kontext des künstlerischen Schaffensprozesses behandelt und erhalten damit einen der „hohen Kunst“ untergeordneten Charakter. Auch für den Kunstmarkt kann die Wertigkeit graphischer Werke hinterfragt werden, die im Spannungsfeld von Materialität, künstlerischem und historischem Wert liegt. Ausgangspunkt der Diskussion waren aber vor allem an der Praxis orientierte Fragen nach der Zugänglichkeit der Werke auf Papier, Ausstellungspraktiken und der Behandlung der Grafik in Forschung und Lehre. Die Debatte konzentrierte sich also eher auf strukturelle Fragen der Graphikforschung, als um tatsächlich inhaltliche Fragen zum Thema.

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Abseits von Vorträgen und Diskussionen – ein kleiner Blick hinter die Kulissen des Kunsthistorikertags

Wir haben Tagungstaschen gepackt, Tische und allerlei andere schwere Gegenstände durch das Philosophicum getragen, Empfänge und Parties organisiert, sind dabei viel zu oft von A nach B gerannt und wurden am Ende von einer unglaublich üppigen, doppelstöckigen Phönix-Torte erwartet. Ein kleiner Rückblick auf das, was die vielen Helfer vor, während und nach dem Kunsthistorikertag gemacht haben.

Ein großer Dank für die schönen Fotos geht an Ksenia Yurina!

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Welchen Wert haben unsere Städte und ihre Architektur?

Ein Kurzbericht von Felix Tauber über die Podiumsdiskussion „Urbanität zwischen historischem Erinnerungsort und Shopping Mall? Die Architektur der Städte in der gesellschaftlichen Diskussion“ am 26. März 2015 im Ratssaal des Mainzer Rathauses.

Wenn über den „Wert der Kunst“ diskutiert wird, darf für Kunsthistoriker die Frage nach dem „Wert der Architektur“ nicht fehlen! Über diese Frage – bezogen auf die Architektur der Städte – sollte ein prominent besetztes Podium unter der Leitung von Matthias Müller und ko-moderiert von Elisabeth Oy-Marra und Gregor Wedekind im Ratssaal des Mainzer Rathauses diskutieren. Für das Podiumsgespräch konnten auch international renommierte Persönlichkeiten wie Wolf D. Prix (Gründer von Coop Himmelblau und Architekt des EZB-Towers in Frankfurt), Muck Petzet (Architekt und Generalkommissar des deutschen Pavillons auf der Architekturbiennale Venedig 2012) und Jean-Louis Cohen (Architekturhistoriker und einer der wichtigsten Le Corbusier-Experten) gewonnen werden. Ihnen zur Seite standen die Architekturhistorikerin Ingrid Scheurmann (Deutsche Stiftung Denkmalschutz) und der Architekt Thomas Metz (Generaldirektor der GDKE Rheinland-Pfalz). Krankheitsbedingt absagen musste leider Dieter Bartetzko (Architekturkritiker der Frankfurter Allgemeinen Zeitung).

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Museum in bourgeois concept equals store in mine – Zu Claes Oldenburgs „The Store“

Wie verhält sich die Kunst zu ihrem eigenen Markt? Warum wird das Kunstwerk überhaupt zum handelbaren Objekt, zum fetischisierbaren Konsumgut innerhalb einer kapitalistischen Gesellschaft? Und in wie weit können solche Prozesse durch den Künstler beeinflusst werden? Fragen wie diese werden natürlich nicht nur von außen an das System Kunst herangetragen, nein, sie werden auch mehr oder weniger stark vernehmbar durch die Kunst selbst gestellt. Einer nicht geringen Anzahl von Kunstwerken liegt eine Konzeption zugrunde, die eine Einspeisung in den Markt entweder erleichtert, erschwert oder gar unmöglich erscheinen lässt. Doch was geschieht, wenn ein Künstler sich dazu entscheidet eigene Objekte in einem selbst geführten Laden zum Kauf anzubieten?

Claes Oldenburg eröffnete im Dezember des Jahres 1961 einen schlicht The Store betitelten Laden im New Yorker East Village. Dort verkaufte er über die Dauer von etwa zwei Monaten die verschiedensten alltäglichen Dinge: Kleider, Essen, Getränkedosen, Spielzeug. Es handelte sich dabei im Grunde um Gegenstände, wie sie auch in den umliegenden Geschäften zu sehen waren, mit dem großen Unterschied, dass alle Waren des Store von Oldenburg aus Gips gefertigt wurden. In einem kurzen Text skizziert sein Vorhaben folgendermaßen:

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In welchen gesellschaftlichen Strukturen sehen Sie den Wert der Kunst gefährdet, Gregor Wedekind? 

Gregor Wedekind hat die Professur für Kunstgeschichte der Moderne und der Gegenwart am Kunstgeschichtlichen Institut der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz inne und betreut auf dem Kunsthistorikertag gemeinsam mit Thomas Trummer die Sektion „Mimesis und Moderne“. Hier sein Statement zum Wert der Kunst:

In der Geschichte ist es immer wieder vorgekommen, dass einzelne Kunstwerke in Situationen von Unterdrückung und existentieller Bedrängnis Menschen in ihrem Kampf Orientierung und Kraft verliehen hat. Wie Kunstwerke ihrerseits ja auch oftmals Ausdruck von innerer Not sind. Man kann also vielleicht festhalten, dass Kunst in diktatorischen Staaten oftmals eine besondere Wertschätzung erfährt, als Medium der Opposition oder auch nur der geistigen Freiheit, als Lebensmittel. Umgekehrt ist die Bedeutung und damit Wertschätzung von Kunst immer dort besonders zurückgedrängt, wo es um nichts mehr geht. Wo das Geld, die Selbstzufriedenheit, der Konsum alles lebendige Leben erstickt. Zugleich benötigt Kunst als die Gestaltung des inneren Raums und der geistigen Sphäre ihrerseits einen Spielraum, in dem sie entstehen und wachsen kann, in dem sie rezipiert werden kann. Die Fähigkeit zum Genuss ist eben auch an das Vorhandensein seiner Möglichkeit gebunden.

 

Worin liegt für Sie der Wert der Kunst, Thomas Trummer?

Thomas Trummer (der uns nur noch für kurze Zeit als Leiter der Mainzer Kunsthalle erhalten bleibt) betreut auf dem Kunsthistorikertag gemeinsam mit Gregor Wedekind die Sektion „Mimesis und Moderne“. Hier sein Statement zum Wert der Kunst:

Auffällig widersetzen sich ästhetische Fiktionen gewöhnlichen Maßstäben und Bezifferungen. Sie sind nicht messbar. Dennoch sind sie nicht „wertfrei“.  Ihre Einschätzung erfolgt nach weichen Kriterien und Ermessensgrundlagen, wie gesellschaftlichen Ursachen, historischen Begründungszusammenhängen oder ethischen Übereinkünften. Selbst die klassische Avantgarde, die sich als autonom und selbstbestimmt ausgab, beruht auf einer Wertvorstellung, nämlich einer, die ihre eigene Aufhebung nicht nur akzeptiert, sondern positiv hervor streicht. So wird das Außer-Kraft-Setzen von Bewertung zum paradoxen Fundament ihrer Geltung.

– Thomas Trummer

Der Sammler im Blickpunkt: Gerhard Meerwein im Gespräch

Schon am Ort meines Treffens mit dem in Mainz ansässigen Architekten und Sammler Gerhard Meerwein konnte ich einen Einblick in seine einzigartige Sammlung bekommen. Nicht in einem cleanen Raum und die Kunstwerke fernab in Safes oder Galerie zwischengelagert, sondern umgeben von „seinen“ Kunstwerken lebt Herr Meerwein. Allein aus diesem Grund ist er der klassischen Sammler-Generation zuzuordnen. Den Grund, den er angibt, auf die Frage, weshalb er Kunst sammle, bestätigt diesen ersten Eindruck weiter. Er sammle aus Leidenschaft und persönlicher Motivation! Kriterien wie die der Wertsteigerung spielen für ihn ebensowenig wie der aktuelle Marktwert der Künstler eine Rolle bei seiner Kaufentscheidung. Einzig und allein die subjektive Emotion und natürlich die Größe des Geldbeutels beeinflussen seine Entscheidung. Auch hier bezieht Gerhard Meerwein eindeutig Position: Er stellt heraus, dass für ihn das Sammeln das ist, was für andere Luxusurlaube sind.

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Was ist für dich der Wert der Kunst, Julia Walther?

Am diesjährigen Rundgang der Kunsthochschule Mainz befragte Patrizia Bahr einige KünstlerInnen zu der Frage „Worin liegt für dich der Wert der Kunst?“ Hier die Antwort der Masterabsolventin Julia Walther:
Der Wert der Kunst liegt für mich in der Begeisterung. Für mich handelt es sich um wertvolle Kunst, wenn sie etwas bei mir auslöst, sei es emotional oder kognitiv. Über Kunst kann ich mich freuen, ich kann betroffen sein, sie kann mir einen anderen Blick auf die Welt geben oder Denkanstöße liefern, mich so überall bereichern. Der begeisterte Blick  (durch die Kunstbrille) eröffnet mir ein riesiges Feld, die zeitgenössische Gegenwart wahrzunehmen und zu beobachten.

Das Verflixte der Partizipationskunst – Wertvoll nur von kurzer Dauer oder für die Ewigkeit?

Im Jahr 2013 stellte der Künstler Thomas Hirschhorn sein Monument für den italienischen Philosophen Antonio Gramsci in den Sozialbauten der Forest Houses im Stadtteil Bronx, New York City, vor. Dieses, vorwiegend aus Holzplatten und Klebeband bestehende, temporäre „Bildungsdorf“, folgte dem gleichen Prinzip wie seine vorangegangen Memorialmonumente aus den Jahren 1999, 2000 und 2002.1 Das vom 1. Juli bis 15. September 2013 andauernde Projekt wurde mithilfe der Anwohner der Forest Houses errichtet und umfasste mehrere Pavillons und Räume. Dort konnten sich die Besucher über die Titelfigur Antonio Gramsci anhand gesammelter und bereitgestellter Literatur, Zeitungsartikel, Fotos, sowie persönlicher Gegenstände informieren. Die auch im Rahmen der Organisation beteiligten Bewohner der Forest Houses konnten zudem durch das Herausgeben einer täglich erscheinenden Zeitung und einer Radiosendung selbst aktiv werden. Zusätzlich wurde eine Plattform für philosophische Vorträge und Open-Mic-Nights geschaffen, ein Areal zum kreativen Arbeiten eingerichtet und ein stetiges Seminarprogramm auf die Beine gestellt. Hirschhorn erklärte, sein Monument sei vorwiegend für ein nicht-exklusives Publikum bestimmt. Die berühmten Gefängnishefte des italienischen Philosophen Gramsci sind heute Pflichtlektüre in Italien und Aussagen wie „Every human being is an intellectual“ werden gern und häufig zitiert. Hirschhorns Verwendung einfacher Werkstoffe, die in jedem Baumarkt zu finden sind, stehen hierbei im krassen Kontrast zu den philosophischen Inhalten, die er mit seinen Monumenten vermitteln will.

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Edelstein oder Altmetall? Ein Kommentar zur Mainzer Rathausdebatte

Das Mainzer Rathaus, vom Eisenturm aus fotografiert Foto: Martin Bahmann

Das Mainzer Rathaus, vom Eisenturm aus fotografiert. Foto: Martin Bahmann

Im Allgemeinen ist ein Rathaus das Zentrum der städtischen Verwaltung, Sitz der Ämter und Anlaufstelle für ratsuchende Bürger. Es steht zugleich symbolisch für die repräsentative Demokratie. Als ‚Herzstück‘ einer Stadt sind Rathäuser zentrale und gut erreichbare Orte innerhalb einer Stadt; um sie herum organisiert sich zumeist das städtische Leben und ungeachtet dessen, ob man eine Stadt kennt oder nicht, sind Rathäuser als solche gut auszumachen. Aber wie verhält es sich mit dem Mainzer Rathaus? Und wo ist es überhaupt?

Mainz als Studentenstadt ist ein Auffangbecken für Bildungssuchende, natürlich aus dem eigenen Einzugsgebiet, aber auch für junge Menschen aus weiter entfernten Regionen Deutschlands und der Welt. Als Mainzer Studierende können wir guten Gewissens die Behauptung in den Raum werfen, dass der Ort des Rathauses für viele Menschen ebenso ein Geheimnis ist, wie die Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Lebens. Erst im Herbst 2012 wurde etwas Licht auf eine bereits im Verborgenen brodelnde Debatte um das Mainzer Rathaus geworfen und in diesem Zuge auch die breite Öffentlichkeit miteinbezogen. Dies sorgte dafür, dass nun zwar eine wesentlich größere Anzahl von Menschen und auch Studierenden das Mainzer Rathaus kennen, dieses Wissen jedoch nicht unbedingt zu einer positiven Resonanz führte.

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